Auf Entdeckungsreise des „dritten Raums” mit dem Architekten Andrea Boschetti
Ein Außenbereich, der zum Haus gehört, der den Innenbereich noch erkennen lässt und dessen Stil, Mood und Stimmung projiziert: Die Rede ist vom Outdoor-Bereich, einem Ort, an dem das Living auf das Element Natur trifft und dieses in den Wohnraum einbezieht. Hier verbringen wir unsere Freizeit mit Freunden oder alleine und hierhin ziehen wir uns auch zurück, um mit der Natur in Kontakt zu treten. Doch wie plant man eigentlich einen Außenbereich? Und welche Eigenschaften verleihen einem Garten oder einer Terrasse das gewisse Etwas? Das haben wir den Architekten Andrea Boschetti gefragt, den Gründer des Mailänder Architekturbüros Metrogramma, dessen künstlerischer und wissenschaftlicher Leiter er auch ist. Gemeinsam mit ihm sind wir zu den Ursprüngen des Verhältnisses von Architektur und Outdoor-Bereich zurückgegangen, haben das Konzept des Außenbereichs analysiert und versucht, dessen charakteristische Nuancen zu erfassen sowie die damit im Laufe der Zeit einhergegangenen Entwicklungen nachzuvollziehen.
Architektur und Outdoor: der dritte Raum und seine Regeln
„Die Vorstellung von einem Outdoor-Bereich hat sich insbesondere klimabedingt und bezüglich einer sich über ihre herkömmlichen Grenzen hinwegsetzenden Wohnumgebung geändert“, erklärt der Architekt Boschetti. Dieser Aspekt verstärkt sich auf der Identitätsebene und gewinnt laut des Architekten im Vergleich zum Wohnen an sich eine ganz eigene Individualität. Ein Konzept, das Boschetti in Anlehnung an Gilles Clement, Autor von „Manifest der dritten Landschaft”, als „dritten Raum” definiert: „Heutzutage kann der Außenbereich als wahres Wohnambiente berücksichtigt werden“, erklärt er.
Dank seiner Identitätskraft bietet er Personalisierungsmöglichkeiten, die das Naturelement mit dem Interieur-Design verbinden. Dies ist insbesondere in der Planungsphase sehr wichtig, wenn der „Außenbereich in jeder Hinsicht zum Schlüsselelement und festen Bestandteil des Wohnprogramms wird”, betont Boschetti. Aus diesem Grund ist es auch unerlässlich, dass „der dritte Raum” drei Charakteristika erfüllt: allem voran die Qualität des Ortes, was bedeutet, dass der zu planende Außenbereich valorisiert werden muss. „Das Outdoor-Design muss außerdem die „Bekömmlichkeit“ des Außenbereichs berücksichtigen, ein Aspekt, der vom Planer verlangt, dass er nach Lösungen sucht, die sich an Gegebenheiten wie die Luftqualität anpassen“, fährt Boschetti fort. Der dritte Aspekt betrifft schließlich die Ergonomie: Der Außenbereich muss eine entspannende Atmosphäre haben, in der Bequemlichkeit ganz groß geschrieben wird”.
Harmonie von In- und Outdoor-Bereich: Das Zauberwort ist „Osmose“
Zu den interessantesten Elementen der Outdoor-Dimension zählt die Möglichkeit, mit dem Kontrast zwischen Drinnen und Draußen zu spielen, indem eindrucksvolle Stimmungen und, in Abhängigkeit von der Tageszeit, veränderliche Effekte geschaffen oder Verglasungen und Fenster durch einen echten Hängegarten veredelt werden. Diese Vielzahl an Lösungen basiert auf der Harmonie des Ganzen, die laut Architekt Boschetti mithilfe osmotischer Grenzen geschaffen wird. „Die gebräuchlichsten Elemente sind Verglasungen, Fenster und Türen, aber man kann darüber hinaus gehen und sich zahlreiche mithilfe von Geweben realisierte Filter vorstellen. Allgemein könnte sich das Konzept des Osmosefilters zwischen den beiden Umgebungen als neuer Protagonist des In- und Outdoor-Designs erweisen”.
Licht und Klima: zwei wesentliche Variablen
In einer entlang einer flüssigen Grenze verlaufenden Umgebung zaubert das Licht die wahre Magie, indem es immer wieder neue Chromatismen zeichnet. Diesbezüglich hat Boschetti keine Zweifel:
„Im Bereich des Outdoor-Designs spielt das Licht eine ganz wesentliche Rolle. Selbstverständlich ist der Außenbereich tagsüber sehr hell, um dann, nach Sonnenuntergang, vollkommen im Dunkeln zu liegen: Dem Balanceakt dieser zwei Bedingungen kommt eine ganz entscheidende Rolle zu. Diesbezüglich ist insbesondere die technologische Forschung immer mehr an Vorrichtungen interessiert, die in den Tagesstunden Sonnenenergie speichern, um diese dann nachts freizugeben“.
Wie das Licht ist auch der geografische Standort eine Variable, die im Entwurf des Designers eine grundlegende Rolle spielt. Hier fungiert das Klima als wesentlicher Maßstab. Boschetti betont: „Standort und Breitengrad bestimmen diesbezüglich die Materialforschung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Materialien plötzlichen Witterungsänderungen standhalten müssen. B etroffen sind hiervon beispielsweise natürliche, hoch wasserabweisende Gewebe”.
Das Verhältnis zur Natur und die Universalität ihrer Zeichen
Das Outdoor-Thema ist dicht mit der Art, in der man mit den Umgebungen interagiert und der Arbeit des Planers verbunden. Dies wird insbesondere bei auffälligen, effektvollen Lösungen wie beispielsweise den Hängegärten deutlich. „Der Entwurf darf dabei zu keiner Zeit die Natur beherrschen, sondern muss vielmehr deren unbestrittener Protagonist sein”, schließt Boschetti seine Ausführungen ab: ein Harmonieprinzip, das die Balance von Ort und pflanzlichem Element bewahrt.
Das Schöne am Outdoor-Design ist genau das: Der Designer ist hier nie alleine. Seine Hand wird stets von der Natur geleitet. Deshalb sieht sich Corradi auch als Alchemist des Outdoor-Livings: Wahrer Zauber zeigt sich im Ergebnis und wir haben die Aufgabe, ihn zu entdecken.