Urbanistik in der Post-Pandemie-Zeit: Stadtviertel im 20-Minuten-Radius
Die Pandemie verändert unsere Städte, doch insbesondere unsere Art, dort zu leben. Jetzt, wo wir mitten in dieser Wandlungsphase stecken, stellt sich automatisch die Frage, wie sich unser Alltagsumfeld, das uns nicht nur zu allen erforderlichen Einrichtungen führt, sondern das auch uns als Menschen prägt, in Zukunft entwickeln wird.
Im Einklang mit aktuellen europäischen und weltweiten Trends könnte die Antwort in der Theorie der „Stadtviertel im 20-Minuten-Radius“ oder der „15-Minuten-Stadt“ zu finden sein. Diese Theorien sehen vor, dass alle für das tägliche Leben, die Gesundheit, das Lernen und die Entwicklung der eigenen Neigungen und Leidenschaften wichtigen Dienstleistungseinrichtungen innerhalb von 20 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad mühelos über Rad- oder Fußwege von zuhause aus erreichbar sind.
Melbourne und Paris sind nur zwei der Städte, die auf diese interessante Theorie setzen, die tatsächlich in der australischen Metropole unter dem Namen „20-minute neighbourhood” entstanden ist und auch von dem französisch-kolumbianischen Gelehrten Carlos Moreno als „the 15 minutes city” theoretisiert wird. Lassen Sie uns gemeinsam entdecken, worum es sich dabei handelt.
Die Auswirkung des städtischen Umfelds auf das Wohlbefinden: Die Bedeutung von Nähe, Harmonie und Zugänglichkeit
Stadtzentren und Treffpunkte im öffentlichen Raum haben eine große Auswirkung auf unser allgemeines Wohlbefinden: Die Qualität von Innenräumen und die Weite sowie Größe von Außenbereichen, in denen wir uns bewegen, beeinflussen maßgeblich das positive alltägliche Wohngefühl.
Wie können wir jedoch einen gesunden Alltag leben, wenn alleine der Weg von einem unserer täglichen Lebensräume zum nächsten (Wohnung, Arbeitsort, öffentliche Einrichtungen, usw. ...) schon als sehr stressig resultieren kann?
Zu diesem Thema hat sich bereits 2012 der dänische Architekt Jan Gehl im Text „Leben in der Stadt“ geäußert, in dem er erklärt, dass die Erforschung der Bürger und ihrer Anforderungen bei jedem architektonischen Projekt eine maßgebliche Rolle spielt.
Tatsächlich ist für eine Formel mit dem Ergebnis „authentisches Wohlbefinden“ die Berücksichtigung unserer Alltagswege, der Dienstleistungseinrichtungen im direkten Wohnumfeld und das einfache Pendeln zwischen unseren wichtigsten Lebensorten grundlegend.
Die Vision der Stadtviertel im 20-Minuten-Radius sieht vor, dass sich all diese Elemente im Gleichgewicht befinden: Nur so kann sich das Gefühl entwickeln, in einer auf den Menschen zugeschnittenen Stadt zu leben.
Was zeichnet demnach also eine nach der „20-Minuten-Theorie“ organisierte Stadt aus?
„Stadtviertel im 20-Minuten-Radius“: Eigenschaften
Professor Carlos Moreno definiert diese Vision als „Konzept einer Stadt, die sich gegensätzlich zur modernen Urbanistik entwickelt“: Aktuell haben wir eine bis dato nahezu unbekannte Möglichkeit oder vielmehr Notwendigkeit, städtischen Raum auch im Hinblick auf neue – und unaufhaltsame – Veränderungen anzudenken, zu denen auch das seit kurzem notwendig gewordene Home-working zählt.
Orte dieser Art zeichnen sich durch vier Eigenschaften aus:
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Ökologie zur Schaffung einer grünen, nachhaltigen Stadt
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Nähe, um in nächster Nähe zum Arbeitsumfeld zu leben
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Solidarität zum Knüpfen von Beziehungen unter Menschen
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Teilnahme, um Bürger aktiv in die Veränderung ihres Lebensraums einzubeziehen.
Die „15-Minuten-Stadt“ ist also laut Professor Moreno ein Versuch des städtischen Umfelds mit dessen Bewohnern wieder eine gemeinsame Wellenlänge zu finden. Ausgangspunkt hierfür sind drei Eckpfeiler:
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Der Rhythmus der Stadt muss den Menschen und nicht den Kraftfahrzeugen folgen
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jeder Quadratmeter muss mehreren Zwecken dienen
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Stadtviertel müssen so geplant werden, dass sie ohne eine ständige Fahrt- oder Bewegungserfordernis gelebt und bewohnt werden können sowie Entfaltungsmöglichkeiten bieten.
Wie diese „20-Minuten-Regel“ für Stadtviertel derzeit von den Städten ausgetestet wird, sei an den Beispielen Melbourne und Paris erläutert:
Der Bürgermeister von Ville Lumière hat aus dem Ville du quart d‘heure eine Hauptpunkt seines Wahlprogramms für seine Wiederwahl gemacht und den Einwohnern von Paris damit eine regelrechte urbanistische Revolution angeboten.
In diesem Fall sieht die „15-Minuten“-Vision eine soziale und kulturelle Innovation sowie eine potentielle Antwort auf die Pandemie vor: Wenn sich unsere Wege verkürzen, verringert sich auch die Gefahr von Massenbewegungen, Versammlungen und Ansteckungen.
In Melbourne wurde dagegen ein dreißigjähriges, sich von 2017 bis 2050 erstreckendes Programm, erarbeitet, um die Stadt nach und nach in die Dimension der „Stadtviertel im 20-Minuten-Radius“ zu führen: Das bereits laufende Pilotprojekt beinhaltet auch die Messung exakter Entfernungen und des für den Zugang zu Einrichtungen erforderlichen Zeitaufwands.
Wenn die Zukunft der Stadt darauf abzielt, alles, was wir benötigen im Umkreis von 15/20 Minuten von unserer Wohnung vorzufinden, ist es wichtig, eine vergleichbare Haltung auch innerhalb der eigenen vier Wände vorzusehen und so eine auf den Menschen zugeschnittene Architektur zur umfänglichen Gewährleistung von Wohlgefühl und Wohlbefinden zu schaffen – etwas, was in diesem historischen Moment wichtiger denn je ist.
Die unsere Städte verändernde Pandemie wirkt sich auch auf unsere Wohnungen aus: Hier entstehen Gelegenheiten zur Neugestaltung von Alltagsumgebungen und deren Ausstattung mit einem multifunktionalen und angenehmeren Wohncharakter. Hierzu zählen beispielsweise die Ausstattung besonders kleiner Balkone oder die Vergrößerung des Wohnraums im Garten.
Corradi setzt alles daran, um Bewohnern alltäglichen Raums personalisierten Komfort und individuelle Bewohnbarkeit abhängig von deren funktionalen Anforderungen zu bieten: Auf diese Weise entstehen qualitativ hochwertige, innovative Produkte für eine hohe Lebensqualität zuhause ... und in der eigenen Stadt.